Kunst Forum Weil der Stadt

 

Rolf Altena

Bilder und Keramik

4.11.-2.12.2018

In der Weil der Städter Wendelinskapelle sind Bilder und Keramiken des Rottenburger Künstlers Rolf Altena zu sehen. Der 1947 geborene Altena hat nach einem Studium der Chemie in Stuttgart an der Stuttgarter Kunstakademie studiert, wo er bis 1994 auch einen Lehrauftrag hatte. Er ist Mitglied im Künstlerbund Baden-Württemberg. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich neben Malerei und Zeichnung intensiv mit künstlerischer Keramik. Seine Bildsprache ist geprägt durch figurative Erfindungen, die aber immer stark abstrahiert und vereinfacht sind und somit zu eigenständigen Formen werden: „Es hat mich immer interessiert, wie Formen aufeinander reagieren. Ein Fleck, Linien – für mich sind das lebendige Wesen. Vertragen sie sich oder streiten sie miteinander? Wie muß ich fortfahren, damit sie beginnen etwas zu erzählen? Gelingt es mir, so habe ich mein Ziel erreicht" - so Rolf Altena über seine Arbeit.

    Der Vorsitzende des Kunstforums Dr. Marko Burghard, Rolf Altena, H.P. Schlotter und Erster Beigeordnete der Stadt Weil der Stadt Jürgen Katz (von links im Foto oben links)

   

  

   

„Lachende und weinende Orte“, „Fröhliche Unterwelt“ oder „Moritaten“ sind Bildtitel des Bildkünstlers und Keramikers Rolf Altena aus Rottenburg am Neckar. Es sind Titel, die das erwartbar Erzählerische wenig abbilden, sondern eher Anmutungen oder ein Gefühl schaffen für das, was der Betrachter überraschenderweise zu sehen bekommt. Es ist die Bildwelt und Ausdruckssprache des Künstlers Altena, die er seit Jahren entwickelt hat und pflegt. Diese ist nicht abbildhaft, aber auch nicht völlig ungegenständlich. Figuren, Gegenstände, abstrakte Formen sind erkennbar und benennbar, aber frei zeichenhaft gestaltet. Man kann vielleicht an Picasso oder Miro denken, Künstler, die Rolf Altena auch als vorbildhaft anerkennt, oder bisweilen an Bildzeichen archaischer Kulturen - Altena sieht sich jedenfalls in einer Kunsttradition nicht nur des 20. Jahrhunderts, sondern einer überzeitlich menschlichen. Er jagt nicht, wie er sagt, nach originellen und schnellen Kunstmarktneuigkeiten. Seine künstlerische Handschrift ist ausgereift, ob es sich um kleine, fast kindlich anmutende Skizzen und größere Tafelbilder handelt, oder um die Künstlerkeramik, die Altena meisterhaft beherrscht. Auch in den gezeigten Tellern und Gefäßen ist der Bezug zur klassischen Moderne zu finden, obwohl die traditionelle Technik völlig eigenständig neu persönlich `altenaisch´ aufgefasst ist. Zu sehen ist eine harmonische und sehr klar ästhetisch präsentierte Ausstellung im Weil der Städter Kapellenraum, die durchaus genießerisch wahrgenommen werden kann. Die Arbeiten bleiben dabei trotzdem geheimnisvoll, was generell ein Aspekt der Kunst ist, wie der „Erste Beigeordnete“ der Stadt, Jürgen Katz, in seiner Grußrede feststellte.

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Kunst und Moral

Diskussion

20.9.2018

Jeff Koons, Dirty–Jeff On Top,1991

F r e i h e i t   i n   d e r   K u n s t   –   i s t   a l l e s   e r l a u b t  ?

Martin Kippenberger, „Zuerst die Füße“, 1990 - Projektion beim Diskussionsabend am 20. September in der Wendelinskapelle

Grundgesetz-Artikel 5 Absatz 3 Satz 1: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei". Ist in der Kunst deswegen alles erlaubt? Eine erstaunliche Zahl munterer Diskutanten wurde in der Abendveranstaltung des Kunstforums zunächst mit Bildbeispielen vergangener und aktueller Kunstgeschichte konfrontiert. HP Schlotter hatte sie als moralisch umstritten ausgewählt und an die Kapellenwand projiziert: sexuell irritierende Kunstwerke, gar pädophil anmutende  Arbeiten, die inzwischen in Museen abgehängt wurden, aber auch Gewaltexzesse oder angebliche Auswüchse von Blasphemie wie Martin Kippenbergers gekreuzigten Frosch oben! Uta Dingethal, anfangs bewusst keine Definitionsversuche von Kunst oder Moral zulassend, führte gewohnt souverän durch die Diskussion von Fachleuten und Laien.

Hanjo Schmidt, durch seine Kapellen-Ausstellung von 2008 mit provozierend realistischen Bildern noch gut in Erinnerung, reagierte auf all die moralisierenden Einwürfe seiner Umgebung grundlegend: die Aufgabe eines Künstlers kann oder muss bisweilen gerade darin bestehen, die herrschende Moral bewusst in Frage zustellen! Rückendeckung erhielt er von einem Juristen, der Moral nicht als feststehende Konstante bestätigen konnte. Und ein sich „Kunst-Otto-Normalverbraucher“ bezeichnender Teilnehmer brachte es auf den Punkt: Moral ist dem Zeitgeist geschuldet, Kunst dagegen ist frei, rennt partiell gegen den Zeitgeist an und hatte gerade dadurch großen Anteil an unserer zivilisatorischen und kulturellen Evolution!

Sofern allerdings ein Kunstwerk einen sakralen Hintergrund besitzt (oben Kippenbergers gekreuzigter Frosch mit heraushängender Zunge und Bierkrug in der Hand!), besteht Idealkonkurrenz zur Religionsfreiheit aus Art. 4 GG. Diese und andere Konkurrenzen zu weiteren Grundrechten müssen schlussendlich Gerichte entscheiden.

Die lebhafte Diskussion in der Wendelinskapelle erfüllte ergebnisoffen aber praxisnah einen wichtigen Vereinszweck unseres Kunstforums, das allgemeine Kunstverständnis in Weil der Stadt zu fördern!

  

 

 

 


Martina Geist

Schnitte und Tafeln

10.6.- 8.7.2018

   v.l.: Martina Geist, Dr. Heiderose Langer, Bm Schreiber, Dr. Marko Burghard

  

  

  

„Schnitte und Tafeln“ heißt die Ausstellung von Martina Geist. Bis 8. Juli 2018 zeigt die Stuttgarter Künstlerin neben Holzschnitten und Holztafeln auch eine großformatige Fahne. Die Einführungsrede hielt Dr. Heiderose Langer von der Kunststiftung Erich Hauser (Rottweil).

Martina Geist gehört fraglos zu jenen Künstlern, die ganz wesentlich zur Erneuerung des Holzschnitts in Deutschland beigetragen haben. Seit den späten 1980er Jahren hat sie ein Werk erarbeitet, das in seiner Kombination und Improvisation, im Zusammenklang von überdachter und spielerischer Setzung und in seiner Gleichzeitigkeit von Beobachtung und Einfühlung, strenger Reduktion und atmender Geistigkeit unverwechselbar und singulär ist.

Besonders ihre farbig gefassten Druckstöcke werden zu autonomen Holztafeln und sind dabei Ausdruck ihrer ganz eigenen Bildsprache.  In den ausgestellten Holztafeln selbst handelt es sich um eine subtile Verflechtung von Malerei, Zeichnung und Relief. Darin gründet ihre sinnliche Eigenständigkeit und Originalität. Martina Geist befasst sich in ihren Arbeiten mit dem Wechselspiel zwischen Fläche und Raum, das sie in abstrahierten Interieurs, Stillleben und ganz aktuell mit Elementen aus der Natur zum Ausdruck und in eine bewegte Ordnung bringt.

„Martina Geists Bildgegenstände haben nichts von proportionsgetreuer, illusionistischer Imitation der Wirklichkeit. Sie sind eine konsequente Abstrahierung, Reduzierung von erkennbaren Gegenständen: Früchten, Gläsern, Löffeln. Die Künstlerin entwickelt aus anschaulichen, bildhaften Formen ein zunächst leicht einsehbares Ordnungsgefüge, das seine Spannung aus der Wechselwirkung zwischen plastischen und räumlichen Formen sowie farblichen Flächen erzeugt. Sie antizipiert mit ihrer Seh-Erfahrung simultan mit der Wahrnehmung eines Moments im Hier und Jetzt  Elemente der Bewegung und erweitert den Raum um den Faktor Zeit.“ (Holle Nann in: Martina Geist, Zeitlupe, Freiburg 2014)

Leonberger Kreiszeitung vom 12.6.2018

 


 

Kunstfahrt Museum Villa Rot & Galerie Schrade Schloss Mochental

28.4.2018

Kunstfahrt am 28.4.2018 zur Ausstellung "PURE NATURE ART" im Museum Villa Rot

    Maximilian Prüfer, Butterfly Print, 2017         -    David Nash, Cork Dome, 2014

    Regine Ramsaier, Laubläufer, 2016             -    Charlotte Vögele, Betula, 2008-2012

    Bethan Huws, Le porte-bouteilles, 2008       -    Björn Drenkwitz, Nationalblumen

    Dietrich Klinge vor Schloss Mochental&Kapelle mit Hörl-Hasi+Spiegler-/Reichert-Freske

    Galerist&Schlossherr Schrade mit Hammer, stolz auf eines seiner vielen Kunstprojekte

    Labiles Gleichgewicht von Michael Danner  - Neuer Wilder (Zimmer) vor-/ Alter im Café

Die Kunstfahrt am 28.4.2018, zum Museum Villa Rot und zur Galerie Schrade im Schloss Mochental war hervorragend konzipiert - und es gab noch 3 Überraschungen obendrauf: einmal spielte das Wetter wunderbar mit, des weiteren wurden die 30 Busreisenden von einer außerordentlich versierten Führung durch die Ausstellung „Pure Nature Art“ an der ersten Kunststation überrascht. Marco Hompes, der jugendliche Museumsleiter der Hoenes-Stiftung, hatte nicht nur die Idee zu dieser besonderen Ausstellung und war für deren Durchführung verantwortlich, er konnte seine Kennerschaft auch sicher und verständlich in Worte fassen! Sachlich fundiert ging er auf kritische Beiträge von Experten aus Kunstforums-Reihen ein und verstand es gleichzeitig, mit kunstphilosophischen Exkursen manchem Skeptiker zeitgenössischer Kunst den Zugang ins ungewohnte Terrain zu ebnen. So durfte man die Frechheit der walisischen Künstlerin Huws, die die bizarre Ästhetik einer Muschel als (ihr) Kunstwerk deklariert, schmunzelnd als Humor verbuchen - Marcel Duchamp lässt grüßen...

Die 3. Überraschung traf uns an unserer 2. Station in der Galerie Schrade im Barockschloss Mochental bei Ehingen, der einstigen Sommerresidenz der Äbte von Zwiefalten. Im Bus noch sprachen wir über Ewald Karl Schrade, den Hausherrn des Schlosses, der durch einen Motorradunfall in jungen Jahren vom Modellschreiner in die Versicherungsbranche umwechseln musste, dort aber wie vorbestimmt seinen besonderen Lebensweg vom Handwerk zur Kunst fand: seine rastlose Tätigkeit in Sachen Kunst begann mit Gründung der progressiv-provokanten Galerie „Zelle“ in Reutlingen, die sich dann in rasantem Tempo fortsetzte mit einer weiteren Galerie im Wolfegger Schloss, mit Winterakademien, Beteiligungen an Kunstmessen in Köln, Düsseldorf, Straßburg und Basel, Galerie-Dependancen in Lindau und Karlsruhe, vor allem der Konzeption für die art Karlsruhe, die 2004 startete. Mit 2800 Quadratmetern Ausstellungsfläche bietet ab 1985 der neue Wirkungsort Mochental ungeahnte Möglichkeiten zur Präsentation zeitgenössischer Kunst. Und nun treffen wir hier den Tausendsassa nicht nur selbst, sondern auch 2 seiner Künstler, die wir schon in unserer Wendelinskapelle ausgestellt hatten.

Eine kraftvolle Figur, eine in Bronze gegossene Kettensägearbeit von Dietrich Klinge, begrüßte die Kunstfahrt-Teilnehmer auf Schloss Mochental, der imposanten einstigen Sommerresidenz der Äbte von Zwiefalten. Hier nun in der Galerie Schrade war für uns keine Führung vorgesehen, wir hatten Experten in den eigenen Reihen. Klinge kannten die Weil der Städter schon als Urheber von Gordian IX, des jugendlichen Kruzifixus vor der Stadtkirche während des letztjährigen Skulpturenpfades „Hier Brenz“ zum Lutherjubiläum. Und ein Klinge war schon im Jahr 2000 während der Themen-Ausstellung „Masken“ in der Wendelinskapelle zu sehen, ebenso ein Danner 2014 in der Gruppenausstellung „Blumen für Böhmer“. Michael Danner konnte man hier mit mehreren Tuscharbeiten und Stahlarbeiten zum Thema „Labiles Gleichgewicht“ großzügig präsentiert bewundern. Auch Preziosen von Bernd Zimmer, Christopher Lehmpfuhl oder Walter Stöhrer beeindruckten - die riesigen Dürer-Hasen von Otmar Hörl in der Nikolauskapelle des Schlosses allerdings wurden nicht von jedem goutiert.

Solch beeindruckende Kunstschauen übersteigen die finanziellen und räumlichen Möglichkeiten eines kleinen Kunstvereins natürlich bei weitem! Genau dafür unternehmen wir solche Kunstfahrten – wie jetzt an für viele bisher nicht bekannte Orte.

 

 


Catharina Wittig + Klaus Sebastian Dreher

"Klangkörper und Farbenmusik" 

12.4.2018

Im Vortrag "Klangkörper und Farbenmusik" am 12.4. in der Wendelinskapelle übernahm Catharina Wittig M.A. den Bereich Klangkörper (mit einer Informationsflut an Beispielen der Kunstgeschichte vom Anfang des 19. bis Ende des 20. Jahrhunderts), die Farbenmusik überließ sie ihrem Co-Referenten Klaus Sebastian Dreher. Der Professor für Schlagzeug, Methodik und Percussionensemble an der Musikhochschule Stuttgart packte allerdings nicht seine Instrumente aus, er überraschte vielmehr sein Publikum als Dirigent der Aufführung von 4′33″ (Four minutes, thirty-three seconds), eines Musikstücks ohne Noten aus dem Jahr 1952 des Avantgarde-Komponisten John Cage, das die gängige Auffassung von Musik in Frage stellt und das Publikum selbst mehr oder weniger zum 'Klang'-Erzeugen animiert. Beide Vorträge ließen kaum Zeit für Diskussionen, Fragen etwa nach Kandinskys Bühnenspektakel „Der gelbe Klang“ von 1909 (die Aufführung in Weil der Stadt im Jahr 2000 ist erwähnenswert!) oder aber dem Phänomen des Lichterzeugens beim Obertonsingen wurden anschließend in privaten Gesprächen angeregt erörtert.

 

 


Susanne Immer

‚Skulpturen und Zeichnung’

18.2.-18.3.2018

Die erste Ausstellung des Kunstforums 2018 bestreitet Susanne Immer. Geboren wurde sie 1963 in Braunschweig und lebt jetzt in Reutlingen. Die Künstlerin wurde mit zahlreichen Stipendien und Förderpreisen bedacht, ihre Arbeiten befinden sich zum Teil im öffentlichen Raum.

"Susanne Immer interessiert sich formal für das Verhältnis von Linie, Licht und Fläche, von Form und Farbe, von Körper und Raum. Raum, Zeit und Energie, als die drei die menschliche Existenz bestimmenden Elemente, stehen im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen."(Dr. Anja Eichler)

Es entstehen Zeichnungen, Raumzeichnungen, Objekte, für die Susanne Immer auch industrielle Materialien wie Gummi und vorgefertigte Formen wie Kunststoffstäbe und -rohre, in neue, unerwartete poetisch künstlerische Zusammenhänge bringt.

Die Ausstellung ist Programmteil der Weil der Städter Frauenwochen.

   Begrüßung Silvia Tanczos-Lückge und       Grußworte der Stadt von Susanne Widmaier

    Einführung Dr. Günter Baumann

    Susanne Immer (unten links) und »Geteilte Inseln« (darüber schwebend)

    Dr. Günter Baumann, äußerst dynamisch, - wie die Papierarbeit »StehenDrehenGehen«

Drei Reden eröffneten die Ausstellung "Plastiken und Zeichnungen" von Susanne Immer in der Wendelinskapelle. Zunächst begrüßte Silvia Tanczos-Lückge in Vertretung des erkrankten Vorstands Dr. Burghard u.a. auch etliche bisher nicht bekannte Kunstinteressierte. Noch-Erste-Beigeordnete Susanne Widmaier beglückte die Kunstforums-Gemeinde mit Grußworten des ebenfalls erkrankten Bürgermeisters Schreiber: „...Weil der Stadt darf sich freuen, solch ein Potential an künstlerisch engagierten Menschen unter ihren BürgerInnen zu besitzen, denn diese wirken nicht nur nach innen, sondern stets auch nach außen. Ihr Wirken strahlt auf die ganze Stadt in ihrer Gesamtheit aus! ...“

Und schließlich übernahm Dr. Günter Baumann von der Galerie Schlichtenmaier mit informativen und auch launigen Worten die Laudatio: „...Es freut mich besonders, deine Arbeiten hier in der Wendelinskapelle zu sehen und vorstellen zu können: in einer der schönsten Ausstellungslocations in der Stadt. Nun ist die Kunst Susanne Immers kein moralischer Grund, rot zu sehen, aber wenn Ihnen vieles hier doch eher rot als spanisch vorkommt, liegen Sie nicht falsch. Das wird uns noch beschäftigen. ...

»Geteilte Inseln« nennt Susanne Immer eine Reihe runder Gummischeiben, durch die rote Kunststoffstäbe getrieben sind. Die Idee ist zunächst ziemlich kurios. Wir dürfen die Künstlerin hier ganz wörtlich nehmen. Sie hat Inseln – man sollte hier den Titel gleich weiterdenken: auch Halbinseln – gesucht, die durch eine politische Grenze geteilt sind. ...Die roten Kunststoffstäbe sind so arrangiert, dass sie zusammen die Außenform tatsächlich geteilter Inseln bilden.... (Immer hat) die Trennung auf abstrakte Weise sichtbar gemacht: zum einen steht das Durchstechen der gummierten Scheibe auch für das schmerzliche Bewusstsein einer unnatürlichen Zweiteilung. Trennung ist aber auch sichtbar in der Positiv-/Negativform von Vorder- und Rückseite. Was hier rein formal gelöst ist, hat gesellschaftliche Relevanz: Für Susanne Immer sollen die Inselbeispiele den Wunsch beflügeln, allen Formen von Begrenzung, Entgrenzung, Ausgrenzung usw. einen Widerstand entgegenzusetzen. ...

Eine andere Thematik deutet Susanne Immer mit der Papierarbeit »StehenDrehenGehen« mit Linoldruckfarbe und Tusche an, die in Verbindung steht mit der Edelstahlplastik »mit-ein-ander«. Für einen Innenhof der Firma Riehle + Assoziierte in Reutlingen hat die Künstlerin im vergangenen Jahr eine monumentale Raumplastik mit eben jenem Titel STEHENDREHENGEHEN geschaffen, in deren Umfeld auch einige Papierarbeiten entstanden sind. ... (Sie) hat Metallstreifen schneiden und biegen lassen, vorstellbar in der Form der Plastik »mit- ein-ander«. Als eine Art Mobile erfüllte ihre mehrteilige Plastik den ganzen Innenhof. Aber auch am Boden ruhend ist die Dynamik spürbar. Alles hat seine innere Balance, die jedoch durch das Rot eine zusätzliche Energie erhält, die uns packt. ...

In ihren Serienbildern zum »Zeitenwandel« oder zum »Mohnfeld«, das wie die »Rosen im Herbst« ein zauberhaft poetisches Element ins Werk von Susanne Immer bringt, setzt sie Gummiringe ein, die durchaus geplant nach einiger Zeit, je nach den klimatischen Bedingungen, reißen – oder bleiben wir beim Bewegungsformat: springen. So zeigt sich auch der prozesshafte Charakter vieler ihrer Arbeiten. Auf die Ferne sind die Aquarelllinien nicht von den farbigen Reliktspuren der Gummis zu unterscheiden. Was Susanne Immer uns damit anschaulich macht, ist die Zeit – mit all ihrer Beständigkeit und Vergänglichkeit: Lebensspuren! Kurz und gut: Das Werk Susanne Immers ist dynamisch, energetisch, kreisbewegt, lebensnah – und, das habe ich eingangs schon als Wesenszug genannt: rot! ..."